Neunzehnte Etappe: Bluff – journey’s end!
Ursprünglich hatten wir damit geliebäugelt, den letzten Tag unseren längsten werden zu lassen und die gesamten 66 Kilometer an einem Tag durchzulaufen – was machbar ist, denn der Weg ist eben und einfach.
Aber da unsere Füße die letzten Tage bereits nach “schlappen” 40 Kilometer brannten, war die Versuchung 66 Kilometer an einen Tag zu laufen doch nicht mehr soooo groß.
- Tag 109-110
- Etappe: 66km
- Total: 2998km
Wir ließen es also von Riverton aus um 9 Uhr morgens gemächlich angehen. Der verhangene Himmel war eh nicht würdig für unseren Trailfinish.
Nach 22 Kilometer Beachwalk und weiteren 10 Kilometer Straße waren meine Füße mehr als bereit für den Feierabend in Invercargill. Was war ich froh, dass wir das Hirngespinst mit unserem eigenen Rekord verworfen hatten!
Dann brach er an: Tag 110 – unser letzter Tag auf dem Te Araroa!
Für die letzte Etappe hat sich das Te Araroa Traildesign Team nochmal so richtig ins Zeug gelegt. Der Trail sah den ganzen Tag so aus:
Sprich: 20 Kilometer Highway nach Bluff. Die Stadt wirbt selbst damit, die Stadt zu sein, in der der Highway startet.
In Bluff angekommen geht man eigentlich einen schönen Küstenweg zum Stirling Point, dem Southern Terminus des Te Araroa. Doch am Morgen warnte der CEO des Te Araroa Trust höchstpersönlich davor, man solle aufgrund wilder Bullen diesen Weg bitte nicht nehmen, sondern weiter dem Highway folgen. Das kam uns gar nicht so ungelegen, so lag der Four Square (Lebensmittelladen) auf dem Weg, in dem wir auf die letzten Meter noch etwas zum Anstoßen besorgen konnten.
Von hier waren es nur noch 1,5 Kilometer bis zum Trailende. Wir machten uns mit Musik auf dem Handy eine würdige Kulisse, tänzelten erst und rannten dann zum Stirling Point, als er in Sicht kam.
Ich hatte diesen Moment zuletzt so sehr herbeigesehnt – und nun purzelten dicke Tränen meine Wangen herunter. Freude hier zu sein? Traurigkeit, dass der Weg zu Ende ist? Erleichterung? Pure Erschöpfung? Vermutlich das alles zusammen. Und noch mehr.
Etwa eine Stunde vor uns waren bereits Bibi, Jasper und Sofie angekommen und hatten in der Sonne auf uns gewartet. Ich bin so dankbar, diesen besonderen Moment mit anderen Hikern teilen zu können.
Noch einmaliger ist, dass wir genau vor 111 Tagen mit Felix gemeinsam im Bus Richtung Cape Reinga gesessen haben und vor 110 Tagen gemeinsam völlig irrsinnige 40 Kilometer an unserem ersten Tag wanderten. Und nun liefen wir gemeinsam in Bluff ein.
Wahnsinnig erlebnisreiche und herausfordernde 110 Tage liegen hinter uns. Ich werde vieles vermissen: die Verbundenheit zu den anderen Wanderern, die grenzenlose Hilfsbereitschaft der Kiwis, die entlegensten Ecken Neuseelands für uns alleine zu haben, Wasser aus Bergbächen zu trinken, die vielen gemütlichen Backcountry-Hütten, die Müdigkeit in jeder Faser meines Körpers nach einem langen Wandertag und vor allem zu essen und zu essen und zu essen und trotzdem abzunehmen.
Aber ich bin auch froh, dass einige Dinge für eine Weile nicht Teil meines Lebens sein werden: morgens in matschige Schuhe zu schlüpfen, tagelang mit nassen, durchweichten Füßen zu wandern, die Abhängigkeit von Ziplock-Beuteln, mich nachts auf der Matte hundertmal zu wenden und immer wieder von Hüftschmerzen oder eingeschlafenen Gliedmaßen aufzuwachen, Sandflies (!), Mäuse, die mein Essen mehr begehren als ich.
Beide Listen könnte ich vermutlich ewig weiterführen.
Wir sind nun – einen Tag nach Trailende – in die schönen Stadt Dunedin an Neuseelands Ostküste gefahren (wo es Pinguine im Meer gibt!!!). Hier schalten wir für ein paar Tage ab und sammeln Kräfte, um neue Pläne schmieden zu können.
Denn wenn ein Abenteuer endet, beginnt ein neues.