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Fünfzehnte Etappe: Höchster Punkt des Te Araroa und Halbzeit auf der Südinsel

Die wichtigste Nachricht zuerst: Yeah, wir sind in der Zeitung!

Der offizielle Trackname für den ersten Teil dieser Etappe heißt: Gefahrenzone 1 Rakaia bis Gefahrenzone 2 Rangitata. Wie malerisch. Konkret bedeutet das: Diese beiden Flüsse sind unter normalen Bedingungen nicht risikolos passierbar, weswegen sie nicht offizieller Teil des Trails sind und weitläufig umfahren werden müssen. Brücken sind in Neuseeland Seltenheit.

  • Tag 87-90
  • Etappe: 144km
  • Total: 2389km

Da der Trail nicht gerade an einem Hotspot startet sondern vielmehr in der neuseeländischen Einöde, darf man nicht unbedingt darauf hoffen per Anhalter jenseits der Gefahrenzone 1 (Rakaia River) zu kommen. Glücklicherweise fährt morgens um 6 Uhr der Schulbus hinauf. Lange nicht mehr in einem gesessen…

Witzig: Auf einmal heißt der Trail offiziell Te Araroa. Von der Nordinsel wissen wir, dass das eigentlich kein gutes Zeichen ist…

Gemeinsam mit Luke und Daisy, die mit uns zusammen den Schulbus genommen hatten, durchquerten wir den Ashburton River gefühlte – vielleicht auch tatsächliche – 50 Mal. Auch auf diesem Abschnitt waren die Flüsse zum Glück wieder auf Normalniveau gefallen.

Luke und Daisy im Ashburton River

Luke und Daisy im Ashburton River

Anschließend ging es durch Tussock (Weidengras) steil hinauf. Das sieht zwar schön aus, ist aber in Wirklichkeit tückisch, da das Weidengras nicht nur den Weg sondern auch die ein oder andere Grube verdeckt. Beim Abstieg stolperten wir mehr unseres Weges, als dass wir wanderten. Der Weg war kaum unter all dem Weidengras zu sehen, so dass wir uns irgendwann umzingelt von unseren Erzfeinden “Speargrass” und “Gorse” (Stechginster) wiederfanden. Um dort herauszukommen mussten wir uns so sehr pieksen und zerkratzen lassen, dass meine Beine bluteten!

Tussock so weit das Auge reicht

Tussock so weit das Auge reicht

Tückischer Abstieg

Tückischer Abstieg

Am Ende haben wir den Kampf gewonnen

Am Ende haben wir den Kampf gewonnen

Letzte Kilometer zur Hütte…

Letzte Kilometer zur Hütte…

Am nächsten Tag hieß unsere große Aufgabe: 120km um Gefahrenzone 2, den unpassierbaren Fluss Rangitata, zurückzulegen (60km raus aus dem Trail, über die Brücke, 60km wieder rein in den Trail). Für manch unglücklichen Wanderer eine Aufgabe von zwei Tagen, da der Trailstart sehr entlegen ist…

Noch während wir Richtung Fluss laufen, hält ein Farmer an und nimmt uns für ein paar Kilometer auf seiner Ladefläche mit. Fing doch gut an! Dann begann das lange Warten auf der einsamen Ashburton Gorge Road… und das war nichtmal die ruhigste der zurückzulegenden Straßen!

Hitch No #1

Hitch No #1

Das lange Warten

Das lange Warten

Nach einer halben Stunde endlich das erste Fahrzeug in die richtige Richtung – es hielt an und brachte uns 20 Kilometer in den kleinen Ort Mount Somers. Dort gab es sogar einen General Store und obwohl wir gerade mal 1,5 Tage in der “Wildnis” waren, brauchten wir unbedingt ein Eis, eine Cola und einen Kaffee.

Aber es war nur eine kurze Pause drin – schließlich war erst ein Bruchteil unseres Unterfangens erledigt.

Eine viertel Stunde später saßen wir schon im Truck von Dan, der den Te Araroa selbst bereits gelaufen war und somit genau wusste, was wir vorhatten. Weitere 40km waren abgehakt.

Und kaum eine Minute am Straßenrand verging, als uns Meagan einsammelte, die ihr Kind von der Vorschule in Peel Forest abholen wollte. Check, das ist auch unsere Route! Weitere 15km erledigt!

Der schwierigste Teil ist jedoch, von Peel Forest zum Trailhead zu gelangen. Hier scheitern die meisten, da auf diesem Weg gerade mal zehn Farmhäuser liegen… In Peel Forest gibt es einen Pub, dessen Barkeeper auch der Postbote ist und der werktags die Route hochfährt. Das hieße zwar einen knappen Tag warten zu müssen, wäre aber immerhin eine Option.

Wir wollen gerade schon in den Pub auf ein Mittagessen aufbrechen, da näherte sich ein Auto und hielt für uns an. Doug wohnt in dem letzten Haus, gerade mal einen Kilometer von unserem Trailstart entfernt. Normalerweise fährt er nur einmal die Woche raus um einzukaufen. Er war ausnahmsweise unterwegs um seine Schwester abzuholen, die ihn besuchte – und würde uns zum Trailstart mitnehmen!

Was für ein Glück! Wir haben 120km in 3,5h per Anhalter zu einer der entlegensten Ecken Neuseelands zurückgelegt!

Hitching in Peel Forest

Hitching in Peel Forest

Ja, so fern der Zivilisation lag der Trailstart.

Ja, so fern der Zivilisation lag der Trailstart.

Übrigens hat man vom Trailstart einen guten Blick auf Mount Sunday, der Kulisse von Edoras/Rohan aus Der Herr der Ringe.

Mount Sunday – die Kulisse von HdRs Edoras/Rohan

Mount Sunday – die Kulisse von HdRs Edoras/Rohan

Der Bush Stream Track begann – der Name lässt es schon erahnen – mit unzähligen Flussdurchquerungen. Dieser Fluss wird im Laufe des Tages immer stärker, da er sich aus dem schmelzenden Eis der Berge speist. Ihn am späten Nachmittag zu durchqueren ist daher der ungünstigste Zeitpunkt. Unsere Wanderstöcke, die eigentlich zusätzliche Stabilität geben, zitterten in dem Strom. Einmal verlor ich fast den Halt. Was einem bei solchen Zwischenfällen durch den Kopf schießt? “Aaaaah, mein Handy!”

Bush Stream

Bush Stream

Die letzten 500 m zur Hütte waren mal wieder die anstrengendsten des ganzen Tages – wie fast immer ging es zur Hütte nochmal ordentlich bergauf. Wahrscheinlich damit man vor lauter Glück es geschafft zu haben das ein oder andere Auge ob des Zustands der Hütte zudrückt.

Crooked Spur Hut

In der Landschaft des nächsten Tages kamen wir uns so vor, als würden wir in einer Herr der Ringe-Filmkulisse herumwandeln: weite Tussock-Felder, sanfte Hügel, Flüsse und in der Ferne höher aufragende felsige Berge.

Two-Thumbs-Track

Two-Thumbs-Track

An der Royal Hut angekommen, in der der Legende nach Prinz Charles in seinen jungen Jahren eine Nacht verbracht haben soll, mussten wir uns entscheiden: Hierbleiben oder weitere 20km über den Stag Saddle wandern? Die Überquerung des Stag Saddle, mit 1925m der höchste Punkt des Te Araroa, ist eines der Highlights des Trails. Dafür wollten wir schon gerne ein bisschen Sonne haben. Es war erst 12 Uhr und wir hatten schon zweimal die Sonne durch die Wolkendecke aufblitzen sehen. Also los!

Royal Hut

Royal Hut

Beim Aufstieg merkte ich doch sehr, dass mir die beiden letzten langen Tage noch in den Knochen steckten. Oder waren es die letzten 2000 Kilometer? Und warum kämpft Jan nicht genauso?

Aufstieg zum Stag Saddle – die Wolken lichten sich

Aufstieg zum Stag Saddle – die Wolken lichten sich

Aber irgendwann ist jeder Gipfel erreicht und so gab es gleich zwei Highlights zu feiern: höchster Punkt des Te Araroa und der Halfway-Point der Südinsel! Darauf erstmal einen OSM-Riegel!*

*mit 600 Kalorien pro Riegel quasi eine ganze Mahlzeit (One Square Meal) – mit Mandeln, Chia-Samen und einem Hauch Vanille zudem unwiderstehlich lecker.

Bester Trailsnack

Bester Trailsnack

Da dieser höchste Punkt nur ein Sattel ist und kein Gipfel, kraxelten wir noch weitere 150 Höhenmeter auf den benachbarten Beuzenberg Peak. Was für eine Aussicht! In strahlendem Türkis erstreckte sich Lake Tekapo vor uns und die Wolken gaben den Blick auf Mount Cook und den Tasman Gletscher frei. Wow!

Da kamen wir her…

Da kamen wir her…

… da geht’s hin!

… da geht’s hin!

Lake Tekapo

Lake Tekapo

Mount Cook und Tasman Glacier

Mount Cook und Tasman Glacier

Entlang des Kamms stiegen wir ab Richtung Lake Tekapo Village, das wir am Folgetag erreichten. Doch vorerst noch eine Nacht in der sehr heruntergekommenen Camp Stream Hut…

Ich sehe nur Bart…

Ich sehe nur Bart…

Nach einem zehn Stunden Tag kam endlich unsere Hütte in Sicht! Die Freude währte allerdings nur bis kurz nach Sonnenuntergang. Plötzlich begannen fünf Mäuse eine Party in der Hütte zu feiern. Es half nichts: Wir sind nicht abgehärtet genug um nachts von einer Maus, die über den Schlafsack flitzt, geweckt zu werden. Also raus aus der Hütte, Zelt aufgebaut, und endlich geschlummert.

Suchspiel: Wo ist die Camp Stream Hut?

Suchspiel: Wo ist die Camp Stream Hut?

Lake Tekapo ist übrigens DAS Ferienparadies für Chinesen. Der Sternenhimmel soll hier einer der schönsten auf der ganzen Welt sein – und in chinesischen Großstädten kennt man sowas einfach nicht. Endlich sind wir Deutschen mal nicht in der Mehrzahl.

Church of the good Shepherd

Church of the good Shepherd

Ausblick vom Hostel

Ausblick vom Hostel