Achte Etappe: Fünf Tage Pause für die Füße auf dem Wanganui River
- Tag 40-47
- Etappe: 242km
- Total: 1375km
Als wir am Morgen nach dem Tongario-Crossing aus dem Fenster schauten, wurde uns unser Wetterglück vom Vortag erst richtig bewusst: Es schüttete wie aus Eimern und sollte zumindest auch am nächsten Tag noch so bleiben.
Nächstes großes Ziel für uns war der Fluss Wanganui, auf dem man 170km mit dem Kanu zurücklegt. Zum Startpunkt sollten es noch 72km sein, für die wir drei Tage Zeit hatten. Das waren also drei recht entspannte Tagesmärsche, die wir aufgrund des Regens jeweils erst nach ordentlichem Ausschlafen und ausgiebigem Frühstück antraten.
In Whakahoro begann der 5-tägige Urlaub für unsere Füße und Beine: Der Te Araroa sieht vor, dass man den Fluss Wanganui mit dem Kanu entlangpaddelt. Es ist ein merkwürdiges Gefühl: Wir wussten von Anfang an, dass wir einen Teil des Trails per Kanu zurücklegen werden – aber das lag immer irgendwo weit in der Zukunft und plötzlich sind wir schon so weit gekommen!
Die Kanuetappe ist nicht nur wegen der Erholung für die Füße heiß ersehnt, sondern vor allem weil man ausnahmsweise mal nicht das Essen streng rationieren muss. In einem Fass auf dem Kanu transportiert es sich doch sehr viel leichter als im Rucksack auf dem Rücken… Jedoch haben wir einen echt schlechten Job gemacht und hatten kaum ausreichend Essen dabei. Der Hunger wird entgegen unserer optimistischen Annahme beim Kanufahren nicht weniger…
Bei strahlendem Sonnenschein schipperten wir los.
Nicht zu Unrecht ist dieser Abschnitt des Wanganui einer der neun neuseeländischen Great Walks: Durch Regenwald und Felsen verlaufend plätschern hunderte kleiner Wasserfälle in den Fluss. “Great Walk” heißt aber auch, dass wir nicht die einzigen unterwegs sind, und vor allem, dass die Campingplätze übertrieben teuer sind.
Das Schöne daran so eine Tour in einer größeren Gruppe zu machen ist, dass immer etwas passiert – denn Kanufahren an sich ist auf Dauer doch etwas langweilig…
Dank etwas zu wenig Vorbereitung sind wir am zweiten Abend auf einem Campingplatz gelandet, der auf Maori-Land gebaut wurde, was bedeutet: “no alcohol, no drugs” und noch ein paar andere “no"s. Das kam unserem Vorrat an 3l Rum auf 2l Cola nicht unbedingt entgegen (um nochmal auf das Thema Vorbereitung zu sprechen zu kommen). Entweder war es ein sprachliches Missverständnis oder die zuständige Rangerin hatte im Laufe des Abends ihre Meinung geändert: Sie sagte uns erst, sie hätte mit Alkohol kein Problem, um dann abends an unserem Tisch Stunk zu machen, wir sollen bitte alles sofort wegkippen… Hm, unser Angebot, ob sie auch ein Glas Wein möchte, war vielleicht nicht unbedingt ein diplomatisches Meisterstück.
Der dritte Tag auf dem Fluss war leider völlig verregnet. Aber dank einiger stärkerer Stromschnellen nicht ereignislos. Ausgerechnet das Boot mit dem immer nüchternen Captain ist in einer dieser Schnellen gekentert. Ihr wisst, wen ich meine… Glücklicherweise schickte die morgendliche Boot-Lotterie Jan und mich in zwei verschiedenen Booten aufs Wasser!
Nach 50km paddeln im Regen wurden wir mit dem idyllischen Glamping- und Campingplatz Flying Fox belohnt. Vor allem zu Jans und meinem Glück, da unsere Essensbox schon recht leer war, gab es einen kleinen Laden, in dem man selbstgemachtes Eis, frische Eier und vieles mehr kaufen konnte. Sogar frisches Brot für den nächsten Morgen konnten wir bestellen! Für uns wie im Paradies!
Glücklicherweise hielt der Regen nicht lange an, sodass wir am nächsten Tag wieder in purem Sonnenschein paddelten.
Die Strecke ab der Hälfte des dritten Tages ist nicht mehr Teil des Great Walks und somit waren wir alleine auf dem Fluss unterwegs. Das heißt aber gleichzeitig auch, dass es keine offiziellen Campingplätze mehr gibt, keine Informationen, keine Hinweisschilder… umso erstaunter waren wir von der tollen Hipango Park Campsite, die genauso gut ausgestattet war wie eine offizielle DOC-Campsite (= Schutzhütte und Plumpsklo), aber nichts kostete und die wir nur für uns hatten.
Um nochmal auf Abend Nummer 2 zurückzukommen (und als Belohnung derjenigen, die nicht nur die Bilder anschauen, sondern alles bis zum Ende lesen): Nein, unserer Angebot, ob die Rangerin ein Glas Wein möchte, war wirklich kein diplomatisches Meisterstück, wie sich herausstellte. Wie wir später erfuhren, fühlte sie sich aus einem uns nicht erschließbaren Grund angegriffen und beschloss auf einem anderen Campingplatz zu schlafen, weil sie sich nicht sicher fühlte… Und damit nicht genug: Sie verständigte das DOC (Department of Conservation – die für die Instandhaltung touristischen Tracks usw. zuständig sind), das wiederum die Polizei verständigte!?! So hatten wir ein schönes Empfangskommitee, als wir unsere Kanutour beendeten. Die Polizei war mit unserer Version der Begebenheiten auf dem Campingplatz erstmal zufrieden. Ich hoffe sehr, das hat sich damit erlegt… echt verrückt, wir waren ohne unser Wissen quasi auf der Flucht.
Da wir Weihnachten mitten im neuseeländischen Wald verbringen und vielleicht ohne Handyempfang sein werden: Habt alle ein schönes, draußen eiskaltes und drinnen kuschelig warmes Weihnachtsfest!
Hier sind wir: